Auf einem einsamen, längst aufgegebenen Begräbnisplatz befinden sich Sarkophage mit hebräischen Inschriften, die im Zwielicht aufleuchten. Van Ruisdael hatte die Grabstätten prominenter Mitglieder der jüdisch-sephardischen Gemeinde von Amsterdam auf dem alten, außerhalb der Stadt gelegenen Friedhof Beth Haim in Ouderkerk gezeichnet.
Die düstere Stimmung der Landschaft unterstreicht den Gedanken von Verfall und Tod, dem das aus den Wolken brechende Sonnenlicht und der Regenbogen im Hintergrund als Hoffnungszeichen gegenüberstehen.
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Um 1800 wurden die Landschaften Jacob van Ruisdaels nach einer Zeit des Vergessens wiederentdeckt. Als junger Mann sah Johann Wolfgang von Goethe Ruisdaels „Jüdischen Friedhof“ hier in der Dresdener Sammlung. 1816 veröffentlichte er darüber im „Morgenblatt für gebildete Stände“ einen Aufsatz, in dem er das Werk zeitgenössischen Landschaftsmalern als Vorbild empfahl. Ruisdael greife „aufs Glücklichste“, so Goethe, einzelne Motive aus der Natur heraus, und stelle sie so zusammen, dass das Publikum wie in einem Park durch sein Bild spazieren könne.
Goethe war ein Idealist, für ihn war Kunst eine Verbindung von sinnlicher Schönheit und klarer Vernunft. Von einem Gemälde wollte er verzaubert, aber auch belehrt werden. Bloß einen Regenbogen, oder wie hier, einen Nebelbogen zu sehen, reichte ihm nicht. Der Bogen sollte für etwas stehen. Ein Maler war erst dann ein Künstler, wenn er nicht mehr nur nachahmte, sondern komponierte, so sein Credo.
Den Aufsatz mit dem Titel „Ruisdael als Dichter“ schrieb er nicht ohne Hintergedanken. Ihm gefielen die romantischen Anwandlungen der jungen zeitgenössischen Maler so gar nicht. Er attestierte ihnen zu viel Gefühl und wünschte, mit einem Rückgriff auf Ruisdael, ihr Interesse wieder mehr auf die Vernunft, und damit auf die Inhalte von Kunst zu lenken. Vergeblich, wie wir heute wissen, denn die Romantiker setzten sich durch. Allerdings keineswegs vergebens, denn mit seinem Aufsatz hat Goethe den ersten kunstkritischen Blick auf das Werk des niederländischen Barockmeisters geworfen.
- Material & Technik
- Öl auf Leinwand
- Museum
- Gemäldegalerie Alte Meister
- Datierung
- Um 1655
- Inventarnummer
- Gal.-Nr. 1502