Bereits ein Jahr nach dem Ankauf hat Georg Treu, der damalige Direktor der Skulpturensammlung, die Statuette als verkleinerte Nachbildung eines Werks interpretiert, dem ein Gedicht in der Anthologia Graeca gewidmet ist (Buch 9, Nr. 774):
„Die Bakche ist zwar aus parischem Marmor, doch der Bildhauer flößte dem Stein Leben ein. Sie springt wie von Dionysos berauscht. Skopas, deine Kunst, die Götter hervorbringt, ersann ein unglaubliches Wunderwerk, eine rasende Thyiade (Bakche), die eine Ziege tötet.“
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Sie trägt ein Zicklein über die Schulter geworfen. In der rechten Hand hält sie ein Messer. Georg Treu, um 1900 Direktor der Skulpturensammlung im Albertinum, ließ sie anfertigen. Schauen Sie sich an der Statuette die Bruchfläche am Ansatz des linken Arms an. Etwas ruhte an dieser Stelle auf der Schulter, so erklärte Treu die Bruchfläche, vielleicht tatsächlich ein Zicklein. Wir können das nur vermuten, denn die originale Statue des Skopas von Paros – wohl lebens- oder überlebensgroß – kam bisher nicht zu Tage. Wir kennen allerdings zahlreiche Berichte über sein Meisterwerk, etwa vom spätantiken Redner Kallistratos. Zu Kallistratos‘ Beschreibung würde Treus Rekonstruktion passen. Hören Sie selbst. Kallistratos spricht von der Mänade auch als Bakche und Thyiade.
„Die Bakche ist zwar aus parischem Marmor, doch der Bildhauer flößte dem Stein Leben ein. Sie springt wie von Dionysos berauscht. Skopas, deine Kunst, die Götter hervorbringt, ersann ein unglaubliches Wunderwerk, eine rasende Thyiade, die eine Ziege tötet.“
Erstmals tauchen Mänaden bei Homer auf. Doch vor allem der griechische Dramatiker Euripides prägte das Bild der rasenden Anhängerinnen des Dionysos, die er auch Bakchen nannte. Hören Sie einen Auszug aus Euripides‘ Werk „Die Bakchen“:
“pan de sunebakcheu' oros
kai thêres, ouden d' ên akinêton dromô.
hêmeis men oun pheugontes exêluxamen
bakchôn sparagmon, hai de nemomenais chloên
moschois epêlthon cheiros asidêrou meta.”
„Mit ihnen tobten Wald und Wild,
nichts gab es, das vom Taumel nicht ergriffen wurde...
Nur Flucht ersparte uns das Schicksal, von den Bakchen
zerfleischt zu werden. Dafür stürzten sie sich auf
das Weidevieh, mit ihren waffenlosen Händen!
Und manche sah man eine Kuh mit vollem Euter,
die kläglich brüllte, kraftvoll auseinanderzerren,
und wieder andre rissen Färsen wild in Stücke.
Da sah man Rippen, sah gespaltne Hufe wirbeln
nach hier, nach dort. Und an den Tannen blieb es hängen
und ließ, blutüberströmt, die Tropfen niederrinnen.
Die Stiere, sonst so übermütig und geneigt
zum Stoße mit den Hörnern, taumelten zu Boden,
von tausend starken Frauenarmen fortgeschleift.
Und schneller ward das Fleisch in Fetzen fortgetragen,
als deines königlichen Auges Wimper zuckt...“
- Material & Technik
- Parischer Marmor
- Museum
- Skulpturensammlung
- Datierung
- 1. Jh. n. Chr.; vielleicht nach einer verlorenen Marmorstatue des Skopas aus der Zeit um 330 v. Chr. Die Statuette ist um 1900 in Marino (Latium) gefunden worden und gelangte in den Besitz von Ludwig Pollak, von dem sie im Jahr 1902 für die Dresdner Sammlung erworben werden konnte.
- Inventarnummer
- Hm 133