Die Aphrodite von Knidos war in der Antike so beliebt, dass sie auch in verkleinertem Maßstab reproduziert wurde. Der Bildhauer der Dresdner Statuette hat die Größe des Originals um mehr als die Hälfte verringert und den teuersten der damals verfügbaren Marmore ausgesucht, denjenigen von der Insel Paros. In vollständigem Zustand muss die Dresdner Knidia eines der besten Kabinettstücke antiker Skulptur gewesen sein.
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Wenn es so etwas wie eine Mona-Lisa der Klassischen Antike gab, dann war es die knidische Aphrodite des Praxiteles. Noch der römische Kaiser Hadrian ließ sich für seinen Palast-Garten, fast 500 Jahre später, den kompletten Tempel von Knidos inklusive Statue nachbauen.
Der Universalgelehrte Plinius bezeichnete die Statue gar als das wichtigste Kunstwerk der Welt. So manch einer sei nur in die kleine Hafenstadt im Südosten der Ägäis gereist, um sie einmal gesehen zu haben. Der Tempel war ringsum offen, so dass die Göttin von allen Seiten betrachtet werden konnte. Allerdings durfte das Heiligtum nur tagsüber besucht werden. Ein junger Mann aber war so von Liebe ergriffen, dass er sich versteckt hielt, um die Nacht mit der Statue zu verbringen. Als Beweis seiner Begierde, so Plinius, hat er das Standbild umschlungen und sein Ejakulat auf dem Hintern hinterlassen. Mit dieser Geschichte erklärte man den Touristen einen hellen Fleck im Marmor. Doch es kursierten noch andere Erzählungen um die schöne Statue.
In einem Epigramm heißt es beispielsweise, die Göttin habe schließlich selbst einmal den Tempel besucht: „Wo“, soll sie sich gewundert haben, „hat Praxiteles mich nackt gesehen?“
Bevor unsere Statuette nach Dresden transportiert wurde, gehörte sie zur Antikensammlung des Kardinals Flavio Chigi.
Heute wäre es ein Tabu, aber damals war es ganz selbstverständlich, dass man seine kostbaren Statuen ergänzen ließ. Erst viel später, 1893, wurde die Aphrodite ‚entrestauriert‘, also der antike Torso und die neuzeitlichen Ergänzungen voneinander getrennt. Die ergänzten Teile, Kopf, Arme, Beine und auch der Sockel aus dem 17. Jahrhundert ruhen seither im Depot.
Viele Stücke unserer Sammlung haben eine ähnliche Geschichte: Chigi hatte seine Skulpturen in Rom in einem von Bernini entworfenen Palast der Familie untergebracht, der sich später zu einem beliebten Treffpunkt römischer Künstler entwickeln sollte. Die Chigis unterhielten hervorragende Verbindungen zum polnischen Königshaus. So lebte in ihrem Palazzo für ein paar Jahre die Witwe des früheren polnischen Königs mitsamt ihrem Gefolge.
Nach dem Tod Flavio Chigis verkaufte sein Sohn große Teile der Kunstsammlung der Familie 1728 an den neuen polnischen König, August den Starken, und zwar über den gewieften Mittelsmann und „Generalinspekteur der Königlichen Sammlung“ Baron Leplat. Das Geschäft kostete Sachsen zwar ein Vermögen, aber es hat sich gelohnt: Heute bilden die Skulpturen den Grundstock der Dresdener Antikensammlung.
- Material & Technik
- Parischer Marmor
- Museum
- Skulpturensammlung
- Datierung
- 2. Jh. n. Chr.; verkleinerte Wiederholung der berühmten Aphrodite von Knidos, die Praxiteles um 350/40 v.Chr. geschaffen hat.
- Inventarnummer
- Hm 139