Viele Adlige haben sich von Tintoretto in Venedig malen lassen, doch sind von ihm nur drei Frauenbildnisse überliefert. Witwendarstellungen sind aus dieser Epoche äußerst selten. Das Licht betont Kopf und Hände. Die Trauernde, deren Namen wir nicht kennen, hat einen Rosenkranz und Handschuhe bei sich.
Der Ehering erinnert an ihren Mann. Die Kombination eines langen schwarzen Kleides mit einem schwarzen Schleier weist sie als Trauernde aus, allerdings war diese Farbe in Venedig nicht exklusiv dem Trauerfall vorbehalten.
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Als Tintoretto dieses Bild malt, ist er Anfang/Mitte 30 und hat sich in Venedig bereits einen Namen gemacht. Er kommt mit einer ganz reduzierten Palette aus, das Bild besteht fast nur aus Schwarz-, Braun- und Ockertönen. Dazu ein Hauch von Rot auf den Wangen, ein kleiner Blauakzent in den nachdenklichen Augen und das zarte Weiß des Stoffes, das Tintoretto der Frau mit souveräner Leichtigkeit über Schulter und Dekolleté legte. Ebenso virtuos sein Spiel mit dem Licht und mit Hell- und Dunkelkontrasten.
Die trauernde Frau wirkt sehr lebendig, fast meint man, ihre Gegenwart zu spüren. Dazu trägt auch ihre natürliche Haltung bei. Standen die Porträtierten in der Frührenaissance noch streng im Profil, hatte sich in Venedig nun diese neue Form entwickelt.
Ehepartner wurden damals auf zwei getrennten Leinwänden porträtiert und wandten sich einander zu. Die Frau hing traditionell links und blickte nach rechts. Tintoretto lässt auch die Witwe nach rechts blicken, drehte allerdings ihren Körper in die andere Richtung, was die Spannung im Bild erhöht.
Außer dem Rosenkranz und der schwarzen Kleidung verzichtete Tintoretto auf die üblichen Attribute einer Trauernden wie Gebetbuch, Taschentuch oder Andachtsbild. Er konzentrierte sich ganz auf die lebendige Ausstrahlung der Frau.
- Material & Technik
- Öl auf Leinwand
- Museum
- Gemäldegalerie Alte Meister
- Datierung
- Um 1550/55
- Inventarnummer
- Gal.-Nr. 265 A