Still und bewegungslos sitzt der Mann auf dem Felsen. Er grübelt. Arme und Beine sind muskelbepackt – vielleicht ist er ein Tatmensch, ein Kämpfer, ein Held gar. Doch warum hat er sich niedergesetzt, worüber grübelt er, und – wer ist er eigentlich? Der Titel der Skulptur gibt darüber keinen Aufschluss. Der französische Bildhauer Auguste Rodin nannte sein Werk „Der Denker“. Der Titel beschreibt also auch nur, was wir selbst sehen.
Im Jahr 1880 bekam Rodin den Auftrag, ein skulpturengeschmücktes Portal für ein neues Museum in Paris zu entwerfen. Den „Denker“ entwarf er für den Türsturz, von dem aus die Figur auf die Eintretenden hinuntergesehen hätte. Vielleicht sollte sie sinnbildlich für den Dichter Dante stehen, der oft mit einer solchen Mütze auf dem Kopf dargestellt wurde. Doch das Museum wurde nie gebaut. Stattdessen entnahm Rodin Motive aus seinem vielfigurigen Portal und erklärte diese sie zu eigenständigen Werken. Nun ohne Kontext, veränderte sich die künstlerische Aussage des Werkes.
Rodin thematisiert eine gedankliche Krise seiner Zeit. Bis dahin waren in der Kunst oft Helden Thema gewesen: Menschen, die das Gute klar erkennen und es entschlossen in die Tat umsetzen. Diese Skulptur zeigt die Schwierigkeit, sich für das richtige Handeln zu entscheiden. Zugleich betont Rodin, dass das Nachdenken vielleicht die wichtigste, ja sogar heldenhafte Handlung ist, die der moderne Mensch überhaupt ausführen kann.
Weitere Medien
- Material & Technik
- Gips, aus der Stückform, Nähte einer früheren Formung erkennbar
- Museum
- Skulpturensammlung
- Datierung
- 1881-1883 (Entwurf), 1903 (vergrößerte Fassung)
- Inventarnummer
- ASN 4817