Hersteller:in uns nicht bekannt
Schamanengewand
Asien, Zentralsibirien, Jenissei-Gebiet, Ewenken
Vor 1867
Leder, Metall, Glasperlen
Gustav Klemm (Kunsthistoriker)
Von Erbengemeinschaft Sammlung Klemm 1870 durch Kauf vom Museum erworben
NAs 1941
Das ausgestellte Schamanengewand gehört zur Sammlung des Dresdner Hofrats und Bibliothekars Gustav Klemm und wurde 1870 mit der Gründungssammlung unseres Museums angekauft. Die genauen Sammlungsumstände sind dem Museum bis heute nicht bekannt.
Schamanismus als sozial-religiöses Phänomen war in ganz Sibirien weit verbreitet und ist dort bis heute zumindest in Rudimenten erhalten. Ähnliche Praktiken fanden sich darüber hinaus auch in Zentral- und Nordasien sowie in den polarnahen Gebieten Europas und Amerikas. Das Wort „Schamane“ stammt aus den tungusischen Sprachen (gesprochen in Nordchina, Ostsibirien, Mongolei). Bereits im 12. Jahrhundert im Chinesischen erwähnt, wurde es nach der Kolonisierung Sibiriens durch Russland im 17. Jahrhundert auch in europäische Sprachen übernommen.
Grundlage für das Wirken von Schaman:innen ist die Vorstellung von der Unterteilung der Welt in verschiedene Ebenen, bewohnt von guten und bösen Geistern sowie Mischwesen. Die mittlere dieser Ebenen ist die der Menschen. Die Ebenen beeinflussen sich gegenseitig; daher wird das tägliche Leben hinsichtlich des Umgangs mit den Geistern von einer Vielzahl von Verhaltensregeln und Tabus bestimmt.
Schaman:innen als Mittler:innen zwischen der menschlichen Gemeinschaft und der Welt der Geister genossen ein hohes Ansehen in der Gesellschaft. Ihre wichtigste Aufgabe war die spirituelle Reise in die Unter- und Oberwelt. Diese wurde in Trance durch eine Lostrennung der Seele vom Körper ermöglicht. Die Heilung von Krankheiten, die als ein von Geistern verursachtes Phänomen begriffen werden, gehört ebenso zu den Tätigkeiten eines:r Schaman:in, wie die Leitung oder Anleitung von Übergangsriten.
Zum Schamanen oder zur Schamanin können Personen nur durch die Berufung der Geister selbst werden. Diese Berufung äußert sich zunächst als schwere Krankheit mit Fieber und Phantasieren und wird von den Betroffenen als erste Jenseitsreise erlebt. Die anschließende Schulung durch eine:n erfahrene:n Schaman:in und die formelle Weihe vollendet den Vorgang. Dabei erhält der/die neue Schaman:in seine/ihre Schutz- und Hilfsgeister, die ihn/sie zur Jenseitsreise, vor allem aber zur Rückkehr aus der anderen Welt befähigen.
Umso mehr Schutz- und Hilfsgeister ein:e Schaman:in hat, umso stärker und weiser ist er/sie.
Bei der Ausübung ihrer Funktion tragen Schaman:innen eine spezielle Kleidung. Sie bestand im hier gezeigten Fall aus Stiefeln, Leggins, einem Mantel und einem metallenen Kopfaufsatz. Alle Kleidungsstücke sind mit Figuren aus Eisenblech besetzt, die jeweils Geister symbolisieren. Zur Ausrüstung gehören Gürtel mit Metallschellen, die bei Bewegungen, besonders beim Tanz laute rhythmische Geräusche erzeugen. Das wichtigste Werkzeug des/der Schaman:in und gleichzeitig sein/ihr spirituelles „Reittier“ während der Seelenreisen in Trance ist die mit einem Schlegel geschlagene Trommel.
Marita Andó, Irma Schubert