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Bittgesuch der Witwe Anna Jenichen aus Pirna an Johann Georg den I.

19. Oktober 1639

Gelesen von Bettina Sörgel

03:00

Durchlauchtigster, hochgeborener Kurfürst.

Eurer kurfürstlichen Durchlaucht sind meine gebetwilligsten Dienste äußersten

Vermögens zugesichert.

Gnädigster Herr.

Eurer kurfürstlichen Durchlaucht kann ich armes betagtes Weib aus höchstdringender Not nicht vorenthalten, dass mir von einem ehrbaren Rat eben hier in Pirna angesagt wurde, dass ich aus meinem Hause alles was ich darinnen habe schaffen solle und dass es nachher abgerissen werden sollte. Deswegen habe ich dann den Herrn Oberstleutnant, Eurer kurfürstlichen Durchlaucht Kommandant auf Schloss Sonnenstein, ersucht und gebeten, das Haus zu verschonen. Welcher mir aber zur Antwort gab, dass dies nicht möglich wäre, denn er hätte Anweisung von Eurer kurfürstlichen Durchlaucht, mein Haus einzureißen. Doch ich armes, verlebtes Weib komme so um all das Meine, weil ich nichts mehr habe als das bloße Haus, für das ich viel ausgestanden und mich von den Soldaten übel schlagen und prügeln lassen habe. Denn ich hegte die Hoffnung, solches zu erhalten und später einmal zu Gelde zu machen, damit ich doch auf meine alten Tage noch etwas zu verzehren haben möchte. Und wenn es denn gar nicht anders sein kann, sondern es abgetragen werden muss, gelangt an Eure kurfürstliche Durchlaucht meine untertänigste demütigste Bitte, dass mir dafür etwas gegeben werden möchte, wovon ich leben könnte. Damit ich auf meine alten Tage doch nicht das Brot vor anderer Leute Türen suchen müsste, weil ich sonst kein anderes Mittel weiß, um mich zu ernähren.

Ich schulde Eurer kurfürstlichen Durchlaucht mein armes Gebet zu Gott um derselben Gesundheit, langes Leben und glücklicher Regierung

Eurer kurfürstlichen Durchlaucht untertänigste gehorsamste

Anna Jenichenin, Witwe.

Quelle: HStA Dresden, 10024 Geheimer Rat, Loc. 9900/28, fol. 1r–v

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