"Kinder sind für Kokoschka etwas ganz Besonderes. Sie sind wertvoll, sie sind Erlebnisträger, sie erleben besonders intensiv ..." 1921 porträtiert Oskar Kokoschka Gitta Wallerstein, die Tochter eines befreundeten Kunsthändlers. Kokoschka ist damals mit 35 Jahren jüngster Professor an der Dresdner Kunstakademie; seine wilde Zeit als Enfant terrible der Wiener Kunstszene hat er hinter sich. Die Porträts, die er jetzt malt, sind beinahe Psychogramme. Dieses hier spiegelt die ernste, schüchterne Aufmerksamkeit der Heranwachsenden. Kokoschka malt sie in leuchtenden Blau- und Grüntönen vor einer weiten Flusslandschaft.
Die Kuratorin Birgit Dalbajewa erzählt:"Gitta Wallerstein war zehn Jahre alt, als sie im Atelier von Professor Kokoschka in der Kunstakademie an der Brühlschen Terrasse neben dem Albertinum Modell saß. Sie erinnert sich, dass sie wahnsinnig aufgeregt war: dieser Mann mit dem Wiener Akzent. Sie durfte ihre Turnübungen im Atelier vollführen, sie durfte sich also frei bewegen, und manchmal nahm der Maler eine Farbtube, kam an ihr Kleid und fragte sie ganz ernsthaft nach ihrer Meinung, ob sie meine, dass dieser Ton passe."
Gitta Wallerstein nahm schon damals Tanzunterricht, später wurde sie Solotänzerin an der Berliner Staatsoper. Weil sie jüdischer Herkunft war, verlor sie während des Nationalsozialismus ihre Stellung. 1939 emigrierte sie in die USA. Dort trat sie anfangs noch als Tänzerin auf; später arbeitete sie als Arzthelferin und Röntgenassistentin. Bis zu ihrem Tod 2008 engagierte sie sich für die Menschenrechte und betreute Aids-Kranke. Mit Oskar Kokoschka verband sie eine lebenslange Freundschaft.
- Material & Technik
- Öl auf Leinwand
- Museum
- Galerie Neue Meister
- Datierung
- 1921
- Inventarnummer
- Inv.-Nr. 2014/04