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#112

Siegerknabe

Schneider, Sascha (1870-1927) | Bildhauer

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Die goldene Siegerbinde im Haar hat sich dieser junge Mann sicher redlich verdient, darauf lässt zumindest sein harmonisch trainierter Körper schließen. Aber hätten Sie gedacht, dass diese Plastik vom Maler und Bildhauer Sascha Schneider vor über einhundert Jahren mal in einer Art Fitness-Studio aufgestellt war, als Vorbild für leibhaftig Trainierende? Die Initiative kam vom Künstler selbst. Schneider suchte schon eine Weile nach einem physischen Ideal – mithilfe von Vorbildern aus der Antike, aber auch mit lebenden Modellen.

Nach seiner Ausbildung an der Dresdner Kunstakademie und einer anschließenden Zeit in Weimar ging Schneider für einige Jahre nach Italien ins Exil. Anders als im deutschen Kaiserreich stand seine Homosexualität dort nicht unter Strafe. Zugleich ließ sich die Kunst der Antike dort anhand zahlreicher Skulpturen studieren. In Italien fand Schneider auch die Vorbilder für diese Figur, die er 1911 formte, vermutlich in seinem Atelier nahe Florenz. Etwa zeitgleich stießen in Dresden andere seiner Werke auf Ablehnung, wegen ihrer vermeintlichen Obszönität. Dennoch nahm das Albertinum diese Plastik, ein Geschenk aus Privatbesitz, 1913 in seine Sammlung auf – wohl nicht zuletzt auch, weil sie in der Traditionslinie der Antikensammlung stand, die damals hier ausgestellt war.

Sascha Schneider kehrte bald wieder nach Dresden zurück, wo er 1919 ein Institut namens „Kraft-Kunst“ gründete, eine Art Trainings-Zentrum für Aktmodelle, wie Kurator Andreas Dehmer beschreibt:

„In diesem Kraft-Kunst-Institut durften sich vorwiegend männliche Besucher körperlich bilden, fortbilden, und ihm zugleich Modell stehen. Und dieser Knabe mit Siegerbinde, stand inmitten dieser Palästra, diesem Übungsraum, auch gewissermaßen als leuchtendes Vorbild.“

 

 

 

Material & Technik
Kupfer, Hohlgalvano, dunkelgrün patiniert, Stirnbinde vergoldet
Museum
Skulpturensammlung
Datierung
1911
Inventarnummer
ZV 2574
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